Chronik

Wirre Gründerzeit

Als der Turnverein 1928 sein 50-jähriges Jubiläum feierte, schrieb sein damaliger Vorsitzender, Hilarius Maurer, über die Gründungszeit: „Im Frühjahr des Jahres 1878 versammelten sich im Homburger ‚Gasthaus Weber‘, heute (1928) ‚Simons Wirtschaft‘, einige deutsche, der Turnsache treu ergebene Männer und gründeten unter dem Vorsitze des damaligen Stadtschreibers, Peter Stücklein, den ‚Turnverein Homburg“. Traditionelle Überlieferungen lassen darauf schließen, dass schon in früherer Zeit ein „Turnverein Homburg“ bestanden hat, und zwar von 1862 bis 1870. Einzelheiten nennt der Vereinsvorsitzende leider nicht, weshalb eine andere Quelle gefunden werden musste.

In ihrer Festschrift zum 100-jährigen Bestehen, führte die 1861 gegründete „Vereinigte Turnerschaft Zweibrücken“ (VTZ) über ihr Verhältnis zu benachbarten Turnvereinen u.a. aus: „“Ein kameradschaftliches Verhältnis herrschte mit Pirmasens, Homburg, Hornbach, Altstadt und nicht zuletzt mit den im damaligen preußischen Gebiet liegenden Vereine“. Den „Turnverein Homburg“ erwähnt die Zweibrücker Chronik mit konkreter Zeitangabe erst ab 1880, erstmals im Zusammenhang mit der Teilnahme an einem Schauturnen im „Schmidt‘schen Park“ in Zweibrücken.

Der Chronist zu „75 Jahre Turnverein Homburg“ führt über den Nachweis der 1878 erfolgten Vereinsgründung aus: „Aus dem 1878 begonnen Protokollbuch waren die ersten Blätter leider verlorengegangen. Ein vor Jahren erfolgter Auszug der wichtigsten Begebenheiten aus dem Buch liegt noch vor“. Den handschriftlichen Auszug fertigte der frühere Schriftwart des TV Homburg, Josef Stanka. Die auszugsweise Abschrift trägt kein Fertigungsdatum und beginnt mit der Eintragung „26.6.1879 GV“ und dem Vermerk: „4.Blatt im Protokollbuch, die anderen fehlen“.

Unter den „wichtigsten Begebenheiten“ der auszugsweisen Abschrift findet sich nur ein Hinweis auf die Gründung des Vereins: „27.11.1889 Rückblick auf 10-jähriges Bestehen (50 Mitglieder)“. Bei dieser Eintragung ist nicht auszuschließen, dass der im 2. Monat des neuen Jahres erfolgte Rückblick einen Teil des Rechenschafts-berichtes über das verflossene Vereinsjahr darstellt. Generalversammlungen mit Rechenschaftsberichten über das abgelaufene Vereinsjahr sind in den ersten Monaten eines neuen Jahres vereinsüblich.

Kriegszeit

Im letzten Weltkrieg wurde bei einem Luftangriff auf Homburg das Geschäftszimmer des Vereins im Turnerheim (Hohenburg) mit fast allen schriftlichen Unterlagen des Vereins zerstört. Nach Auskunft des früheren Vorsitzenden des Saarländischen Turnerbundes, Wilhelm Wack, sind die Unterlagen über den Werdegang des TV Homburg, soweit sie den Gau, Kreis und das Land betreffen, durch Kriegsereignisse ebenfalls verloren gegangen.

Die frühesten Hinweise auf das Bestehen eines TV Homburg in nicht vereinseigenen Unterlagen waren in den Stadtratsprotokollen von Homburg aus dem Jahres 1879 und in dem Protokollbuch des 1878 gegründeten TV Waldmohr zu finden.

Im August 1909 fand in Homburg das 4. Gauturnfest des Westpfälzischen Turngaues, verbunden mit 30-jährigem Stiftungsfest und großem Volksfest des TV Homburg statt. Aus der Stiftungsfeier 1909 könnte auf 1879 als Gründungsjahr des TV Homburg geschlossen werden. Die Berichte über das „4. Gauturnfest in Homburg“ gehen aber überhaupt nicht auf das mit dem Turnfest verbundene 30-jährige Stiftungsfest ein, und damit auch nicht auf die Vorgänge, die zur Gründung des Vereins führten. Sie eignen sich insoweit nicht als Beweis für die Gründungszeit des Turnvereins.

1910 trennten sich Mitglieder des Jubilars vom Verein und gründeten die „Turngesellschaft Homburg“. In der Berichterstattung über das turnerische Geschehen um diese Zeit wird der Jubilar zur Unterscheidung der „Alte Turnverein“ genannt, bis er sich in seiner Satzung vom 17.06.1911 erstmals „Turnverein Homburg (Pfalz) gegr. 1878“ nennt; im Vereinsregister beim Amtsgericht Homburg wird er jedoch am 22. März 1912 als „Turnverein Homburg Pfalz“ eingetragen. Erst 1927 erfolgte, nach Beschluss der Generalversammlung, eine Satzungs- und Namensänderung des Turnvereins und auf Antrag des Vorsitzenden Maurer die Eintragung in das Vereinsregister als „Turnverein 1878 Homburg, Saar“.

Protokoll aufgenommen beim Amtsgericht Homburg am 21. März 1927: „Vor dem stellvertretenden Gerichtsschreiber erscheint, demselben persönlich bekannt, der Steuerkontrolleur Hilarius Maurer in Homburg und erklärt: Als Vorstand des im Vereinsregister Band I Ziff.20 eingetragenen Vereins „Turnverein Homburg Pfalz“ melde ich zur Eintragung in das Vereinsregister an, dass durch Beschluss der Generalversammlung vom 12. März 1927 die Satzungen des Vereines gemäß der überreichten Anlagen geändert worden sind. Der Name des Vereins lautet nunmehr: „Turnverein 1878 Homburg, Saar“.

Krisenzeit

Im April 1934 wurden die Turngesellschaft Homburg und der Männergesangverein Harmonie in den Turnverein 1878 Homburg, Saar, eingegliedert. Am 05. April 1934 meldete der bisherige Vorsitzende des TV 1878 Homburg, Hilarius Maurer, dem Amtsgericht Homburg: „Ich bin der Vorstand des im Vereinsregister eingetragenen Vereins: Turnverein 1878 Homburg/Saar. In der Generalversammlung des Vereins wurde ich ermächtigt, eine Satzung auszustellen. Das habe ich getan. Die neue Satzung enthält u.a. auch eine Namensänderung. Der Verein hat den Namen „Turnverein 1878/1910 Homburg/Saar.

1934 war das Führerprinzip in den Vereinen eingeführt worden. Die Hauptversammlung des Turnvereins hatte die neue Satzung der Vereine im „Reichsbund für Leibesübungen“ als Vereinssatzung angenommen Aus dem Vorsitzenden Maurer wurde der „Vereinsführer Maurer“. Er wurde wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem ihm vorgesetzten Kreisführer vom Bezirksführer der Deutschen Turnerschaft, Kreis Saarpfalz, Gau XIII, in Saarbrücken, am 23. Januar 1935 ersucht, von seinem Amt als Vereinsführer einstweilen zurückzutreten. Er kam dieser Aufforderung nach, wurde aber in der Hauptversammlung am 10. Februar 1935 von 255 anwesenden Mitgliedern einstimmig wiedergewählt. Die zu seiner Legitimation satzungsgemäß notwendige Bestätigung als gewählter Vereinsführer durch den Kreisführer blieb aus. Maurer bezeichnete den Zustand, in dem der Verein sich befand, als eine „schwere Vereinskrise“. Diese war durch Vorgänge ausgelöst worden, die die örtliche Leitung der Deutschen Front zum Anlass nahm, den Turnverein und seinen Vereinsführer beim Sportbeauftragten für das Saarland in Saarbrücken anzuprangern.

Der „Freie Turn- und Sportverein Homburg“ hat sich am 27. Januar 1935 selbst aufgelöst, da nach der Rückgliederung des Saargebiets in das von Nationalsozialisten regierte „Deutsche Reich“ seine zwangsweise Auflösung und die Enteignung so gut wie sicher waren. Der Verein entzog sich dieser für ihn voraussehbaren, unausweichlichen Zwangsmaßnahme, indem er seine Mitglieder und sein Vermögen dem Turnverein 1878/1910 Homburg zuführte. Vereinsführer Maurer konnte diesen Vorgang, soweit es das Verhalten seines Vereins gegenüber dem „Freien Turn und Sportverein“ betraf, seinem Bezirksführer im Deutschen Turnerbund als mit den bestehenden Bestimmungen vereinbar erklären und so die gegen ihn in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe entkräften. Der Bezirksführer des Deutschen Turnerbundes wies daraufhin seinen Kreisführer am 20. Februar 1935 an, den Turner Maurer als Führer des Vereins zu bestätigen.

Noch im gleichen Jahr trat Vereinsführer Maurer, unter dem Druck der politischen Verhältnisse, von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger, ein derzeit unbekannter Mann in der Vereinsgeschichte, wurde Ende November 1935 von 84 anwesenden Wahlberechtigten einstimmig zum Vereinsführer gewählt. Nichts zeigt eindeutiger die herrschende Stimmung im Verein als dieses Wahlergebnis im Vergleich zu dem überwältigenden Votum von 255 Stimmen im Februar 1935 für den von außen angefeindeten und zurückgetretenen Vorsitzenden Maurer.

Die Entwicklung der Turnerschaft war vorgezeichnet durch die Rede des Reichssportführers auf dem ersten Kongress des Reichsbundes für Leibesübungen in Nürnberg 1934 und seinem Appell an „Meine lieben Vereinsführer der Deutschen Turnerschaft!“ Weihnachten 1934 Friedrich Ludwig Jahn zitierend: „Wer unbedingt jetzt noch das Alte will, ist der ärgste Umkehrer“, bezeichnete der Reichssportführer „diejenigen als reaktionär, die in allem Tun und Denken nur die DT (Deutsche Turnerschaft) im Auge haben“. Er schließt seinen Appell an die Vereinsführer: „Ich habe aufgrund der Entwicklung des vergangenen Jahres die Überzeugung gewonnen, dass es bald keinen maßgebenden deutschen Turner mehr geben wird, der sich im Schatten Jahns glaubt erholen zu können, anstatt in Jahnscher Sonne zu wandeln und seinen Schweiß für die Errichtung eines nationalsozialistischen Volkstums und nicht für die Erhaltung eines Verbandes hinzugeben … , dass jeder von Euch rücksichtslos für das neue Reich, für die neuen deutschen Leibesübungen im Reichsbund zu kämpfen bereit ist“.

Im August 1936 kam es auch in Homburg zur Vereinheitlichung des Sportwesens im „Verband für Leibesübungen“. Aus dem „Turnverein 1878/1910 Homburg“ und den beiden Fußballvereinen Homburgs wurde der „Verein für Leibesübungen e.V. Homburg“. Sein Führer, der Kreisleiter und Bürgermeister Jakob Knissel, gab am 27. Februar 1937 beim Amtsgericht zu Protokoll: „In der Versammlung vom 27. August 1936 des Turnvereins 1878/1910 eV Homburg wurde beschlossen, dass der Verein nunmehr: „Verein für Leibesübungen eV Homburg“ heißen soll. Gleichzeitig bin ich -Jakob Knissel- zum Vereinsführer gewählt. Zu meinem Stellvertreter habe ich den vorbenannten Schmalenberger bestimmt“.

Turnen war damit eine Sparte im Verein für Leibesübungen geworden. Nach dem letzten Weltkrieg galten die Vereine durch Bestimmungen des „Alliierten Kontrollrats für Deutschland“ als aufgelöst. Neugründungen bedurften einer Zulassung durch die zuständige Militärregierung.

Nachkriegszeit

Der frühere Freie Turn- und Sportverein Homburg, der durch das nationalsozialistische Regime als ‚politisch geschädigter Verein‘ anzusehen war, hatte von allen Vereinen die beste Aussicht auf Wiederzulassung. Mitglieder des ehemaligen Vereins wurden jedoch in dieser Beziehung nicht aktiv. Erst mit der Gründung eines „Sportvereins Homburg“ trat das Turnen in Homburg organisiert wieder in Erscheinung.

Es waren Mitglieder des früheren TV 1878/1910 Homburg, die mit anderen Turnern zusammen die Fachschaft Turnen im „Sportverein Homburg“ bildeten. Der Fachschaftsleiter, Karl Berg, trat in einem Bericht bereits 1949 für die „Rückgabe des dem Turnverein 1878/1910 Homburg 1936 widerrechtlich genommenen Vermögens als Grundlage für den wieder zu gründenden Turnverein“ ein.

Als der Turnverein Homburg durch Zulassungsurkunde der Regierung des Saarlandes, Ministerium für Kultur, Unterricht und Volksbildung vom 14. November 1950 als Sportverein zugelassen war, erfolgte seine Eintragung im Vereinsregister beim Amtsgericht zuerst in Band 11, Blatt 10 unter Ifd. Nr. 10, also im Anschluss an Ifd. Nr. 9: „Verein für Leibesübungen“.

Diese Eintragung wurde vom Amtsgericht Homburg später als „irrige Eintragung“ gekennzeichnet und für den TV Homburg ein neu es Blatt im Vereinsregister mit der Begründung angelegt: „bei dem am 22. September 1950 gegründeten Turnverein Homburg-Saar eV handelt es sich um eine Neugründung gem. §1 Abs.1 des Vereinsgesetzes vom 13. Juli 1950“.

Nach § 11 dieses Gesetzes „gelten alle bis zum 8. Mai 1945 bestehenden Vereine von diesem Zeitpunkt an im Saarland als aufgelöst, sofern sie ihre Tätigkeit nicht fortsetzen konnten oder bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht wieder zugelassen worden sind. Darunter fällt auch der im Vereinsregister Band 11, BI. 10 eingetragene Verein für Leibesübungen Homburg“.

Nach der Eingliederung des bis 1957 autonomen Saarlandes in der Bundesrepublik Deutschland, am 01. Januar 1957, hielt der Turnverein Homburg, Saar, die Zeit für gekommen, seine Tradition im Namen des Vereins wieder sichtbar zu machen. Auf Vorschlag von zwei Mitgliedern der ehemaligen Turngesellschaft 1910 – Essig und Braunberger – und einem Mitglied des ehemaligen Freien Turn- und Sportvereins Homburg – Gottlob Conrad – beschloss am 9. März 1957 die Hauptversammlung des Vereins die Änderung seines Namens in „Turnverein 1878 e.V. Homburg“.

Die Liquidation des bis Kriegsende bestehenden Vereins für Leibesübungen wurde vom Amtsgericht in Homburg mit Verfügung vom 10. Oktober 1957 eingeleitet, indem es den Homburger Vermessungsinspektor, Eugen Willenbacher, „zum Liquidator über den ehemaligen Turnverein bzw. Verein für Leibesübungen in Homburg bestellte“. Nach Auffassung des Liquidators galten die Vereine: „TV 1878 e.V.“ und „Sportverein Homburg e.V.“ zusammen als Rechtsnachfolger des ehemaligen „Vereines für Leibesübungen“.

Neuzeit

Die Frage, ob der „Verein für Leibesübungen“ 1936 legitimer Nachfolger des damaligen „Turnverein 1878/1910“ geworden ist, ob der heutige „Turnverein 1878 e.V. Homburg“ Rechtsnachfolger des „Vereins für Leibesübungen“ oder losgelöst von diesem, eine Neugründung im Sinnes des Saarländischen Vereinsgesetzes von 1950 ist, oder sich nur als Nachfolger des ehemaligen bis 1936 bestehenden Turnvereins 1878/1910 verstehen kann, hat die Gemüter der Mitglieder des Homburger Turnvereins in der Vergangenheit schon häufig bewegt.

Unbestreitbar ist jedenfalls, dass ehemalige Mitgliederdes Turnvereins 1878, der „Turngesellschaft von 1910“,des „Freien Turn und Sportvereins“, des „Vereins für Leibesübungen“,der „Fachschaft Turnernim Sportverein Homburg“, zusammen mit anderen Mitgliedern heute den „Turnverein Homburg1878 e.V.“ bilden.

Von großer Bedeutung für den Verein ist die meist lange Amtszeit der 1. Vorsitzenden, Karl Berg (1960-1967), Hans-Josef Kapitän (1967-1999),Hartmut Greulich (1999-2001), Michael Conrad (2001-2021) und Thomas Haumann (2021- heute).

Unterstützt wird der 1. Vorsitzende vom Turnrat, der Geschäftsführerin, zwei Kassenwarten und bis zu fünf Beisitzern, die jeweils für zwei Jahre gewählt werden. Zu den monatlichen Sitzungen werden immer auch die Abteilungsleiter eingeladen,um so den Kontakt zu den Abteilungen zu gewährleisten.

Das traditionelle Turnen auf Kinder- und Seniorenebene ist nur noch ein kleiner Teil des Vereins.Hier ist das Ziel,bei den Kleinsten die Freude an der Bewegung zu wecken und bei den Senioren die Beweglichkeit zu erhalten. In den Vordergrund gerückt sind die Mannschaftssportarten wie Faustball, Handball, Freizeit-Fußball und Badminton. In den Abteilungen Fechten und Leichtathletik wird vorallem die Jugend trainiert, um an Wettkämpfen teilzunehmen.Die zahlreichenregionalen und überregionalen Siege bestätigen das Konzept.

Aber auch neue Angebote wie Cheerleading, Yoga und Rückenschule werden gern angenommen und zeigen, dass auch ein „alter“ Verein jung und modern sein kann.